27. Oktober - 22. Sonntag nach Trinitatis

Bei dir ist die Vergebung, dass man dich fürchte. (Psalm 130,4) 

Vergebung und Furcht. Begriffe könnten kaum gegensätzlicher sein. Vergebung bedeutet doch das Hinwegsehen über Fehler und Vergehen. Aber nicht Wegsehen. Noch weniger Ignorieren oder Vergessen.

Vergeben ist ein eine aktive Handlung, voller Energie, Geistkraft und Liebe. Wohl darum schreibt der Psalm sie Gott zu. Weil menschliches Tun und Lassen gar nicht ausreicht, um Vergebung zu üben. Menschen üben Vergeltung.

Ob im Großen mit Krieg und Terror, oder im Kleinen mit Diffamierung und Häme, das Muster scheint immer gleich. Wenn ich mich ohnmächtig gegenüber etwas fühle, suche ich instinktiv einen Bereich, wo ich mich mächtig fühle. Meine eigene Furcht versuche ich zu verbergen, indem ich Furcht einflößen will. Eine Endlosspirale in Not und Elend.

Gott ist anders. Gott will keine Angst und Schrecken, keine Furcht. Gott ist anders. Gott will Achtung, Würde, Respekt. Ehrfurcht nannte man das früher.

Aber Gott will Achtung, Würde und Respekt nicht nur gegen sich selbst. Gott ist anders. Gott will Ehrfurcht auch gegen das Gottesebenbild Mensch. Alle Menschen, "da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht Mann noch Frau", schreibt Paulus.

Aus solcher Haltung kann dann Vergebung werden. Im Gegenüber nichts Anderes als Gott zu erkennen, hilft Achtung Würde und Respekt zu zollen – zu vergeben. Das geschehe bei uns im Sinne und im Namen Jesu.

Ein gesegnetes Wochenende und eine gute Woche wünscht Ihnen

Pfarrer Achim Gerber